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Redwood!

Die höchsten bekannten Bäume der Welt sind Redwoods. Sie wachsen ausschliesslich in einem sehr dünnen Küstenstreifen zwischen den kalifornischen Countys Del Norte und Big Sur. Erst 2006 wurde das bisher höchste Exemplar entdeckt. Sein Standort wird geheim gehalten, laut Felgendreher Pete ist es aber eine Frage der Zeit, bis er gefällt und zum Esstisch eines Multimilliardärs verarbeitet wird.

Redwood-Bäume wachsen bis 115 Meter hoch, bringen es auf einen Durchmesser von 8 Metern und werden über 2000 Jahre alt. Sie belegen damit bezüglich Länge Rang 1 unter den Baumriesen der Welt. Zwar finden sich noch Redwood Trees in China und im amerikanischen Sequoia Nationalpark, sie erreichen aber nicht die Höhe dieser Rekordhalter. Ich radle zwei Tage lang durch Redwood-Wälder und komme regelmässig gefährlich vom Kurs ab, weil sich Bäume gucken und Rad fahren nur minim vertragen. Die Fahrt durch den Prairie Creek Redwoods State Park, die Strecke steigt abrupt an und lässt einen dann in einem sanften Abstieg über viele Meilen durch die aufgereihten Baumriesen rollen, wird für mich zum intensiven Moment im Radnirvana.

Ein paar Tage zuvor treffe ich den altgedienten Felgendreher Pete – ausgemergelt, langes, graues Haar, schlaue Augen – und seine Frau Kate – sie könnte die in die Jahre gekommene Schwester von Joan Baez sein – auf einem Zeltplatz bei Harris Beach. Er erzählt mir, dass die Bäume, die in den Prairie Creek Redwoods Touris wie mich in Verzückung geraten lassen, weder zu den grössten noch zu den ältesten Redwoods gehörten. Zwei Laien, Chris Atkins und Michael Taylor, hätten den höchsten bisher bekannten Baum der Welt vor gerade mal knapp zehn Jahren entdeckt. Sie halten den Fundort seither geheim, um dem Baum-Tourismus keine Chance zu geben. Er taucht offenbar nicht einmal in der wissenschaftlichen Literatur auf. Stephen Sillett, Biologe an der Humboldt State University in Arcata, vermass den Baum und bestätigte ihre Vermutung. Atkins und Taylor nennen ihn Hyperion. Der Gigant ist 115.24 Meter hoch. Pete ist allerdings überzeugt, dass es eine Frage der Zeit ist, bis die Holzindustrie diesen Riesen findet und zum Esstisch eines kalifornischen Multimilliardärs machen. Die Welt sei käuflich und letztlich nur eine Frage des Preises.

Tim, mein WWOOFing-Host in der Nähe von Timber Cove, zwei Autostunden nördlich von San Francisco, erklärt mir während der Arbeit – wir betreiben Pruning, schneiden die untersten Äste seiner Redwood-Bäume, was das Schadenrisiko im Fall eines Waldbrandes vermindert – die speziellen Eigenschaften von Redwood. Nein, zum Brennholz tauge es nicht, als Aussenhaut von Häusern aber sei es aufgrund seiner hohen Resistenz gegen Pilze, Schädlinge und Witterung fast unschlagbar. Schon Pete erklärte mir, man könne einen Klotz Redwood im Boden ver- und Jahrzehnte später wieder ausgraben, ohne dass er Schaden nehme. Tim zeigt mir den Barn, früher ein Ferienhaus für Gäste, heute Wohnhaus für ihn und seine Frau Susie. Die gesamte Aussenfassade besteht aus Redwood. Er habe sie nie gestrichen, Redwood benötige weder Farbe noch Beize, um der Witterung zu trotzen. Im Gegenteil: Sonne, Regen und Wind verleihen dem Haus über die Jahre eine Patina, die, so finde ich, bestens mit der Hügellandschaft von Sonoma County korrespondiert.

Published in Menschen Reiseroute

2 Comments

  1. Weber Edith

    Weber Edith

    WOW! Soo toll!
    lieber André
    Jeder weiß aus eigener Erfahrung, wie erfrischend, stärkend, belebend und erheiternd die Waldluft auf uns wirkt.
    Aber wenn man Deine wunderschönen Bilder betrachtet, so riecht man den frischen, harzigen Duft dieser Bäume und Pflanzen förmlich noch intensiver! Der Wald hat ja hier schon ohnehin sehr besondere bioklimatische Eigenschaften.
    Aber diese gigantischen, alten, grossmächtig ehrwürdigen Baumriesen sind ja etwas ganz Besonderes!
    Ich freue mich, dass Du solch unvergessliche Erlebnisse haben darfst!
    Weiterhin viel Freude und Spass!
    liebe Grüsse Edith

  2. thomas enz

    thomas enz

    hi André!
    wow, du hast Paul Bunyan getroffen! hast jetzt endlich ein flanell-hemd?
    gute fahrt
    thomas

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